Neuerscheinungen vom 10. September 2025

Einleitung: 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

in den Herbst starten wir mit einer neuen Artikellieferung, die Ihnen eine spannende Zeitreise vom 15. bis ins 20. Jahrhundert ermöglicht. Einen Zwischenstopp legen wir hier an dieser Stelle im 19. Jahrhundert ein, für den Artikel des Monats, der von einer außergewöhnlichen Frau an der Schnittstelle zwischen Adel, Bürgertum und Wissenschaft handelt.

Artikel des Monats September 2025:
Senckenbergs größte Mäzenin

Sie gab die höchste Summe einer Einzelspenderin für die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft in deren über 200-jähriger Geschichte: Louise Gräfin Bose. Als älteste Tochter des späteren Kurfürsten Wilhelm II. von Hessen und seiner Geliebten Emilie Ortlepp 1813 in Berlin geboren, saß Louise zeitlebens zwischen den Stühlen oder vielmehr zwischen den Ständen, weil sie weder zum Adel noch zum Bürgertum wirklich gehörte. Da nützte es auch nichts, dass der Vater seiner Mätresse zum erblichen Adelstitel als Gräfin von Reichenbach-Lessonitz verhalf und die Kinder durch Privatlehrer hervorragend ausbilden ließ. Seit 1831 lebte der Kurfürst im freiwilligen Exil mit seiner „zweiten“ Familie zumeist in Frankfurt und im Sommer in Baden-Baden.
Erst nach dem Tod der Mutter und der Wiederverheiratung des Vaters entschloss sich Louise Gräfin von Reichenbach-Lessonitz, die den Eltern besonders nahegestanden hatte und als Lieblingstochter des Vaters galt, zu einer Ehe. Die 32-Jährige heiratete 1845 den aus altem sächsischem Adel stammenden, etwas jüngeren Carl August von Bose (seit 1862: Graf Bose). In den folgenden Jahren gestaltete sich das Ehepaar das Hofgut Goldstein zum repräsentativen Landsitz und ließ dort u. a. einen englischen Park durch den Landschaftsgärtner Heinrich Siesmayer anlegen. Künftig lebte das Grafenpaar, dessen einziger Sohn 1851 tot auf die Welt kam, abwechselnd in seinen Palais in Frankfurt und Baden-Baden sowie auf dem Hofgut Goldstein im damaligen Dorf Schwanheim. Carl August von Bose gewann seine Frau für die Naturkunde: Er selbst forschte über Landschnecken, Louise von Bose interessierte sich für Singvögel und Schmetterlinge. Schon dadurch ergab sich die Nähe zur Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft (SNG), der Carl August von Bose seit 1860 als arbeitendes Mitglied angehörte.
Aus ihrem mütterlichen Erbe verfügte Louise Gräfin Bose über ein beträchtliches Vermögen, das sie selbst geschickt verwaltete und dadurch noch vermehrte. Auf dieser Basis konnte sie ein breit angelegtes Mäzenatentum zur Förderung des Sozial- und Bildungswesens, der Wissenschaften und der Künste entfalten. Vor allem der Ausbau des Schulwesens in Kurhessen und die Förderung der Kindermedizin lagen ihr am Herzen. In Frankfurt unterstützte Louise Gräfin Bose insbesondere die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und deren langfristige Ziele. Sie überließ der SNG noch zu Lebzeiten (1880) ihr ererbtes Palais in der Neuen Mainzer Straße und vermachte der Gesellschaft testamentarisch den stattlichen Betrag von 800.000 Mark. Zusammen mit weiteren Schenkungen der Gräfin belief sich der Kapitalwert der „Bose-Stiftung“ an die SNG auf rund 1,2 Millionen Goldmark, was die Gesellschaft für den Ausbau ihres Museums und ihrer Sammlungen sowie die Finanzierung von Forschungsreisen nutzte.
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Schluss: 

Mit dem Artikel über Louise Gräfin Bose setzen wir die Reihe bedeutender „Senckenbergerinnen“ im Frankfurter Personenlexikon fort, die derzeit in Zusammenarbeit mit der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und deren aktuellem Projekt „Secret Service: Frauen. Forschung. Senckenberg.“ entsteht. Erste Beiträge in der Reihe im FP sind über Johanna Rebecca Senckenberg, geb. Riese, in der Junilieferung und über Catharina Rebecca Senckenberg, geb. Mettingh, in der Julilieferung erschienen. Das Erbe der beiden jung verstorbenen Ehefrauen des Arztes Johann Christian Senckenberg bildete einen wesentlichen Grundstock für die von dem unglücklichen Witwer errichtete „Dr. Senckenbergische Stiftung“, die bis heute besteht und fortwirkt. Auch hier kam also das Kapital zum guten Teil aus Frauenhand.

Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Reise durch die Jahrhunderte in der aktuellen Lieferung unternehmen möchten, erwarten Sie übrigens der Goldschmied und Schreibkünstler Hans Dirmstein im 15., der Schreibmeister und Rechenbuchherausgeber Pangratz Jacob im 16., nach einem kleinen Sprung die – bei dem Zwischenstopp hier bereits kurz vorgestellte – Mäzenin Louise Gräfin Bose im 19., der Juwelier und Stifter Moritz N. Oppenheim am Übergang vom 19. ins 20. sowie schließlich der Kaufmann und jüdische Verbandsfunktionär Alfred Weichselbaum im 20. Jahrhundert.

Eine gute Zeit beim Lesen durch die früheren Jahrhunderte und im Leben in diesem Jahrhundert
wünscht Ihnen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons

P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Oktober 2025.